SPD-Bundestagsabgeordneter Jörg Nürnberger zu den aktuellen Demos der Bauern und zur Berichterstattung in der Frankenpost vom 9. Januar 2024

10. Januar 2024

Wenn ich an einer Demonstration als Redner teilnehmen soll, die gegen die Politik der Bundesregierung gerichtet ist, die ich als Abgeordneter mittrage, sollte man mich auch dazu einladen. Ich gehe als regionaler Bundestagsabgeordneter solchen Diskussionen nicht aus dem Weg und habe mich vielmehr schon zwei Mal der Diskussion gestellt. Bereits am 19. Dezember 2023 in Hof und zuletzt am 9. Januar 2024 in Reicholdsgrün fanden Gespräche mit den Vertreterinnen und Vertretern des Bayerischen Bauernverbandes und weiterer Verbände statt. Auch in Zukunft bin ich zu weiteren Diskussionen bereit, aber nur wenn diese so wie in den beiden Gesprächen mit den Bauernverbänden in sachlicher Atmosphäre ablaufen.

Insofern freut es mich, dass sich der Bauernverband im Nachhinein davon distanziert hat, dass ein Demonstrationsteilnehmer in Wunsiedel Politikerpuppen in Ampelfarben an einem am Fahrzeug befestigen Galgen aufgehängt hatte, auch wenn dies vor Ort leider weder unterbunden noch verurteilt wurde. Solche Drohungen sind eine Grenzüberschreitung und eine Verrohung der politischen Sitten, die ich verabscheue.

Eines möchte ich ausdrücklich betonen: Ich nehme die Existenzängste der Bäuerinnen und Bauern sehr ernst, auch wenn sie häufig von der Agrarlobby, die in den Verbänden häufig Spitzenpositionen besetzt, missbraucht werden, um eigene knallharte wirtschaftliche Interessen durchzusetzen. Das Schicksal einzelner bäuerlicher Familien ist dieser Lobby eher gleichgültig. Gibt ein Betrieb auf, werden die Flächen von einem anderen, größeren Betrieb übernommen. Dieser Konzentrationsprozess erscheint mir sehr gefährlich.

Inhaltlich halte ich deshalb eine differenzierte Betrachtung der Frage von landwirtschaftlichen Subventionen für notwendig. Kleinbäuerliche Familienbetriebe, die in der Lebensmittelproduktion aktiv sind, benötigen zur Erhaltung ihrer Konkurrenzfähigkeit sicherlich weiter staatliche Unterstützung. Anders sieht es meines Erachtens bei Agrarkonzernen oder zum Beispiel der Produktion von Mais für Biodiesel aus. Warum soll der Staat mineralischen Diesel subventionieren, damit dann mit den so betriebenen Fahrzeugen auf den Äckern Mais für Biogas oder gar Biodiesel produziert wird.

Eines ist auch klar: Über Details muss in den nächsten Tagen in den Fraktionen und im Deutschen Bundestag geredet werden. Es muss allerdings auch die europäische und deutsche Landwirtschaftspolitik insgesamt auf den Prüfstand. Ein großer Teil des EU-Haushalts wird nur für die Landwirtschaft benötigt.

Dabei darf die Frage des Preisdrucks durch große Einzelhandelskonzerne und Lebensmittelproduzenten nicht ausgeklammert werden, die ein wesentlicher Teil des Problems sind.

Allerdings geht es letztendlich auch um unsere Einstellung als Verbraucher*innen, was uns Lebensmittel wert sind. Und ob wir weiter immer nur auf günstige Dumpingpreise schauen, wo Lebensmittel unter den Produktionskosten verramscht werden. Da stehe ich vollkommen hinter den regionalen Bäuerinnen und Bauern, die Produzenten von hochwertigen Produkten sind.

Abschließend möchte ich noch einmal betonen, dass ich auch weiter für sachliche Gespräche mit regionalen Bäuerinnen und Bauern gerne zu Verfügung stehe.“

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