Von Büro bis Plenum: Drei Monate im Regierungsviertel

09. September 2024

Die letzten drei Monate durfte ich als Studierendenpraktikantin die Arbeit im Bundestagsbüro von Jörg Nürnberger unterstützen. Mein Praktikum hier war nicht meine erste Berührung mit der Institution Deutscher Bundestag, da ich bereits zwei Jahre als Werksstudentin für die Bundestagsverwaltung tätig war.

Ich habe mich damals im Haus und in den Strukturen der Institution sehr wohl gefühlt und den freundlichen und respektvollen Umgang der Mitarbeitenden geschätzt. Da ich die Arbeit im Hause bisher nur aus der Verwaltungsperspektive kannte, war ich neugierig auch die politische Arbeit kennenzulernen, da ich mir die Arbeit im Deutschen Bundestag durchaus für meine berufliche Zukunft vorstellen kann.

So habe ich mir das im Vorfeld in der Theorie vorgestellt und war daher gespannt, ob die Praxis dem standhalten kann.

Meine ersten Wochen waren sitzungsfreie Wochen und ich hatte daher einen sanften Einstieg in die Arbeit des Büros. Generell lässt sich sagen, dass die Abgeordnetenbüros sich in einem ständigen Auf und Ab zwischen den straff durchgetakteten Sitzungswochen mit vielen Terminen und den Wahlkreiswochen dazwischen, in denen Zeit für längerfristige Aufgaben ist, bewegen.

Neben mir, gab es, über das Internationale Parlamentsstipendium des Bundestages, über weite Strecken meines Praktikums, eine weitere Praktikantin aus Tschechien, die mir am Anfang auch ein paar Dinge gezeigt hat. Die Praktikanten des Internationalen Parlamentsstipendium sollen aber primär in die inhaltliche Arbeit eingebunden werden, während meine Aufgaben sowohl inhaltliche als auch organisatorische Aufgaben beinhalteten.

Zu meinen wiederkehrenden Aufgaben gehörten die Verwaltung der Post und diese den Mitarbeitenden zuzuordnen und zu priorisieren. Dazu habe ich Termine in den Kalender eingepflegt, Einladungen dem Abgeordneten vorgelegt und je nach seiner Entscheidung zu oder abgesagt sowie die Geburtstagspost an die SPD-Kollegen vorbereitet und versandt.

Praktikumsbericht Laetitia Grunewald (01.05.2024 - 31.07.2024)
Laetitia Grunewald mit Jörg Nürnberger, MdB

In Urlaubsvertretung übernahm ich zudem die Betreuung des Hauptmailaccounts, auf dem die meisten Anfragen, Einladungen und Ausschussdrucksachen ankommen. Diese Aufgabe hat mir besonders Freude gemacht, zum einen, weil ich dort eigenverantwortlich agieren konnte und zum anderen, weil diese Aufgabe eine gewisse Kontinuität hatte und ich so in dieser Zeit eine gewisse Routine in meiner Arbeit hatte, da meine anderen Aufgaben eher ad hoc und weniger einer festen Struktur folgten.

Auf Grund meiner Vorerfahrungen im Besucherdienst wurde mir die Organisation, Vorbereitung und Begleitung eines Teils der Besuchergruppen übertragen. Jeder Abgeordnete hat die Möglichkeit Gruppen nach Berlin einzuladen, dazu kommen Schulklassen, die durch ein Gespräch den politischen Betrieb näher kennenlernen soll und andere interessierte Gruppen. Sei es aus dem Wahlkreis oder bei Herrn Nürnberger, da er sich insbesondere für die deutsch-tschechische Freundschaft einsetzt, Gruppen aus Tschechien. Zu meinen Aufgaben gehörte die Kommunikation mit den Besuchern, sei es die Terminfindung, das Einholen der Teilnehmerdaten oder praktische Tipps für ihre Anreise und den Besuch mitzugeben. Dazu kamen die Vorbereitung und Nachbestellung des Infomaterials für die Besucher.

Diese Aufgaben waren primär organisatorisch, begleiteten mich aber durch mein gesamtes Praktikum. Meine inhaltlichen Aufgaben waren mehr punktuell und projektbezogen. Mit einer Ausnahme: Jeder Bundestagsabgeordneter erhält regelmäßig Anfragen von BürgerInnen, die sich mit einer Frage, einem Anliegen oder auch einer Beschwerde an die Abgeordneten wenden. Diese Anfragen gehen, unabhängig an welchen Abgeordneten sich der Bürger initial gewandt hat, in der SPD-Bundestagsfraktion an den für den Wahlkreis zuständigen Abgeordneten, dem dann die Beantwortung obliegt. In meinem Büro oblag es dann mir einen Antwortentwurf zu formulieren, den ich dann dem Abgeordneten vorlegte.

Meine anderen inhaltlichen Aufgaben hatten primär die Zielsetzung, den wissenschaftlichen Mitarbeitenden ihre Arbeit zu erleichtern. Ich habe Hintergrundrecherchen durchgeführt, Gesetzesvorlagen und Dossiers zusammengefasst. Dazu habe ich auch zu Einsätzen der Bundeswehr Chronologien erstellt, Protokoll geschrieben und Kurzprofile zu EU-Beitrittskandidaten recherchiert.

Ein besonderes Highlight war für mich, dass Herr Nürnberger etwa zur Hälfte meines Praktikums eine Rede im Plenum hielt. Ein Vorgang, der in meiner Vorstellung schon Wochen vorher bekannt ist und auf den sich lange vorbereit wird. Tatsächlich war das absolute Gegenteil der Fall. Erste Überlegungen kamen am Montag in der Runde der wissenschaftlichen Mitarbeiter auf. Am Dienstagvormittag stand dann fest, dass er einen Platz auf der Rednerliste bekommen würde. Die Rede war für Mittwochmittag angesetzt. Dienstagnachmittag wurde also ein erster Entwurf geschrieben, den ich Korrektur gelesen habe. Am Mittwochvormittag wurde der Entwurf dann in mehreren Runden vom Abgeordneten überarbeitet und das parallel zu einer anderen Sitzung

Daher oblag es dann mir, mich mit Laptop und Kopierkarte bewaffnet, vor den Ausschusssaal zu setzten, die Änderungen in die Rede einzuarbeiten und Herrn Nürnberger wieder zukommen zu lassen. Diese Erfahrung war zum einen stressig, da die Rede nur eine knappe Stunde später erfolgen sollte, zum anderen war es der Moment, wo ich mich am meisten gefühlt habe als würde ich mitten in dem Strudel der Politik und seines Apparates stehen.

Neben der Büroarbeit hatte ich zudem die Möglichkeit, die Mitarbeitenden und den Abgeordneten zu Besprechungen im Bundestag zu begleiten. Die Begleitung zu den Besprechungen war immer sehr spannend, weil man hier wirklich die politische Arbeit hautnah miterleben konnte. Ein besonderes Highlight war zudem der Besuch von Präsident Selenskyj im Bundestag, den ich zwar nicht persönlich, aber mit dem Team am Bildschirm verfolgen konnte.

Da die SPD-Fraktion im Bundestag sehr groß ist, bietet sie ihren PraktikantInnen, die aus ganz Deutschland kommen, ein eigenes Programm mit Gesprächen und Exkursionen an. Ich hatte dabei die Gelegenheit über den Zwischenbericht der Enquete-Kommission für Afghanistan zu diskutieren und das Bundesjustizministerium zu besuchen. Auch zum Sommerfest der SPD-Bundestagsfraktion war ich eingeladen, ein schöner Abend mit vielen prominenten Gästen.

Im Gegenzug zum Verteidigungsausschuss tagt der Afghanistan-Untersuchungsausschuss öffentlich und so konnte ich hier an allen Sitzungen und Besprechungen rund um die Aufklärung zum chaotischen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan teilnehmen. Generell wirkte der Untersuchungsausschuss wie ein, zwar in einem wohlwollenden Ton gehaltener, Gerichtsprozess. Der Untersuchungsausschuss ermöglichte mir an einem ganz praktischen Beispiel die Herausforderungen einer in einer komplexen Lage durchgeführten Militäroperation. Das hat mich nicht nur viel über das Militär, sondern auch über das Zusammenspiel deutscher und internationaler Behörden gelehrt.

Insgesamt hat mir mein Praktikum im Bundestagsbüro von Jörg Nürnberger sehr gut gefallen. Mein Ziel, nach meinen Erfahrungen in der Bundestagsverwaltung auch die politische Arbeit im Haus kennenzulernen, konnte ich erfüllen und feststellen, dass die Arbeit dort von ganz anderen Abläufen und Denkmustern geprägt ist als in der Verwaltung.

Auch wenn es Phasen gab, in denen ich weniger zu tun hatte, so waren die Aufgaben, die ich erhalten habe, passend zu meinen Fähigkeiten und meinem Ausbildungsstand. Ich wurde in alle Vorgänge in Ruhe eingearbeitet und habe mich nie überfordert gefühlt. Ich habe definitiv viel gelernt und an Selbstvertrauen gewonnen, dass ich einem solchen Job gewachsen wäre.

Vielen Dank an das gesamte Team und an Jörg Nürnberger für die interessante Zeit und die nette Aufnahme!

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