Zwei Monate im Abgeordnetenbüro Jörg Nürnberger! Praktikumsbericht Aaron Jahreiß

02. November 2022

Wer sich lediglich über den akademischen Weg an die Politik der Bundesregierung nähert, stellt an einem Punkt des Studiums sehr oft fest, dass zwischen Theorie und Ausführung eine sehr große Kluft existiert. Mein Praktikum, welches im Bundestagsbüro von Jörg Nürnberger, also im metaphorischen Kern der deutschen Demokratie in Berlin absolviert wurde, hatte das Ziel, diese Kluft zu überwinden und bisher erlangtem Wissen nun auch eine praktische Dimension zu verleihen.

Aaron Jahreiß
MdB Jörg Nürnberger mit Praktikant Aaron Jahreiß vor dem Deutschen Bundestag

Bereits der Zeitraum dieses Praktikums ist wohl als besonders ereignisreich zu bezeichnen. Der Start war auf das Ende der sogenannten Sommerpause terminiert und zeichnete sich, mit insgesamt fünf Sitzungswochen innerhalb von zwei Monaten, als die wohl arbeitsintensivsten Wochen des Jahres aus. Auch der Umstand der multiplen Krisen, die im Augenblick beinahe die gesamte Aufmerksamkeit der gegenwärtigen Politik einnehmen, sorgte für eine sehr arbeitsintensive Zeit, sodass in fast allen Dossiers schnelles und effizientes Handeln gefordert ist.

Für den Wahlkreis Hof wurde Jörg Nürnberger zur 20. Wahlperiode erstmals als Mitglied des deutschen Bundestages (MdB) für die SPD-Bundestagsfraktion gewählt worden und tritt seither als Volksvertreter innerhalb unserer repräsentativen Demokratie auf. Mit einer Zulassung als Rechtsanwalt in den drei Ländern Österreich, Tschechien und Deutschland näherte sich Jörg somit aus dem juristischen Milieu an die Politik, was nicht zuletzt auch die Mitgliedschaften in den Ausschüssen stark beeinflusste. Mit seinem zweiten Wohnsitz in Prag, existiert außerdem ein großes Engagement für die Grenzregionen Deutschland und Tschechien, aber auch für die Politik der Europäischen Union (EU). Vergleichsweise unüblich ist Jörg bereits in seiner ersten Legislaturperiode bereits ordentliches Mitglied in insgesamt drei Ausschüssen (Verteidigungsausschuss, 1. Afghanistan Untersuchungsausschuss, Ausschuss für die Angelegenheiten der EU) und stellvertretendes Mitglied in einem vierten (Tourismusausschuss). Alle Ausschüsse haben mit Blick auf die gegenwärtige Situation eine besondere Aktualität und fordern von allen Mitarbeitenden des Bundestagsbüros großes Engagement.

Allgemein lassen sich meine Erfahrungen und Arbeitsbereiche wohl am besten in zwei große Blöcke teilen. Während den ersten Wochen wurde ich größtenteils in die parlamentarischen Prozesse und die „alltäglichen“ Arbeiten rund um das Bundestagsbüro eingeführt, welche im wahrsten Sinne des Wortes, wohl das Fundament von Jörgs Arbeit in Berlin ausmachen. Neben der Korrespondenz mit diversen Interessensgruppen, sowie die Organisation und Planung von Terminen, bearbeitete ich außerdem etliche Bürgerinnen und Bürgeranfragen. Daraus resultierend wurde ich mehr oder weniger zum „Experten“ für die gegenwärtige Energiesituation, die Nachfolge des 9-Euro-Tickets, das Infektionsschutzgesetz, die Bekämpfung der derzeitigen Inflation und für das neue GKV Stabilisierungsgesetz, was ich mit der Hilfe der jeweiligen Fachreferentinnen und Fachreferenten inhaltlich vorbereitet und mit Jörg zusammen abstimmte.

Spätestens während der ersten Sitzungswoche – eine Haushaltswoche – war ich bereits fester Bestandteil des „Berliner-Teams“ geworden und durfte meine konstruktiven Ideen unter anderem in den Schreibprozess einer Bundestagsrede zum Einzelplan 14 einbringen, welche ich im Anschluss auf der Besuchertribüne des Reichstags auch beiwohnen durfte. Ferner wurde ich aber auch in einen neuen Arbeitsbereich und dem zweiten Arbeitsblock eingeführt: Die Zuarbeit für Jörgs Ausschüsse.

Dies war in vielerlei Hinsicht ein großer Vertrauensbeweis in meine bisherige Arbeit, da ich zusammen mit den wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nun nicht nur Jörgs Berichterstatterthemen vorbereitete, sondern auch an den Arbeitsgruppen der SPD-Bundestagsfraktion teilnehmen konnte, diese protokollierte und thematisch nachbereitet. Gerade mit Blick auf das 100 Mrd. Euro Sondervermögen für die Bundeswehr, was aus dem völkerrechtswidrigen Überfall von Russland auf die Ukraine resultierte, waren die mir erlaubten Einblick in den Verteidigungsausschuss und die Diskussionskreise mit den eingeladenen Gästen des Militärs eine Bereicherung für mein persönliches Interesse an der NATO und der Verteidigungspolitik.

Besonders spannend war auch die Mitwirkung beim Gründungsprozess einer neuen parlamentarischen Gesprächsgruppe für die Grenzregionen Deutschland-Tschechien. Zumal ich selbst aus der Grenzregion stamme und mir deutlich bewusst ist, dass der gegenseitige kulturelle und wirtschaftliche Austausch deutlich verbessert werden könnte, freue ich mich sehr darüber, dass ich hier einen beträchtlichen Beitrag leisten durfte.

Mein persönliches Highlight war jedoch die Teilnahme am neu konstituierten Afghanistan Untersuchungsausschuss, für den Jörg als Sprecher/Obmann der SPD-Bundestagsfraktion ausgewählt wurde. Auch hier nahm ich regelmäßig an den AG-Sitzungen der SPD-Bundestagsfraktion teil und fertigte für den Presshintergrund des Ausschusses zusätzliche Recherchen an, um Jörg zusammen mit den Referentinnen und Referenten bei spezifischen Fragestellungen inhaltlich zu unterstützen.

In den wenigen Wochen, in denen der Bundestag nicht tagte, besuchte ich außerdem das Praktikantinnen und Praktikantenprogramm der SPD-Bundestagsfraktion, welches tiefe Einblicke in die parlamentarischen Organe und Institutionen des Bundestags ermöglichten. Neben diversen Gesprächen mit der FES, der GIZ und vielen Abgeordneten, war der Besuch im Auswärtigen Amt und beim Bundesrat eine sehr spannende Bereicherung für die Arbeit im Bundestagsbüro.

Ich möchte mich selbstverständlich bei allen Mitarbeitenden bedanken, die mich ab dem ersten Tag an so herzlich aufgenommen haben und mich bei jeglichen Anliegen unterstützten. Abschließend kann ich sagen, dass ich sehr dankbar für die neuen Erkenntnisse über den deutschen Politikapparat bin, die mich bei meinem weiteren Werdegang stark beeinflussen werden.

Aaron Jahreiß 31.10.2022, Berlin